Plötzlich Modell


“Sag mal, hast du Lust nach Hattingen zu fahren und Model für einen Kurs zu sitzen?” - Kurz war ich wirklich irritiert, das hatte ich noch nie gemacht. Aber die Irritation war schnell vorüber, denn so hautnah einen Kurs zu erleben - Das ist richtig spannend - also machte ich mich auf den Weg nach Hattingen ins Atelier “Werk 1”.
Ich wusste zuerst gar nicht wessen Kurs mich erwartet und wie der Tag ablaufen würde. Eigentlich wusste ich nur, dass ich Model sitzen würde für Portraitmalerei. Wie würde das wohl sein? Darf ich mich zwischendurch bewegen? Darf ich reden? Gibt es eine bestimmte Haltung? Wie läuft so ein Kurs ab.

 

Ade Klischee - Hallo Authentizität


“Falls Du eine Pause oder irgendetwas braucht, sag mir gerne Bescheid.” , bot der Dozent, Claus Rabba, mit freundlicher Stimme und Herzlichkeit an. Vor mir stand ein großer Mann mit dunklen Haaren. Er lächelte ganz freundlich und sah zwar aus, wie ein Kunstdozent, erfüllte aber keine Klischees. Wenn ich an Künstler denke, denke ich oft an ältere Herrschaften mit etwas ernster Miene, auf dem Kopf eine Baskenmütze mit eierschalenfarbenem Leinenhemd. Aber hier stand ein ganz ‘normaler’ Mann, der mich eher an einen amerikanischen Schauspieler erinnerte als an einen Künstler..  Wirklich charmant und sympathisch! 


Als Model hatte ich jetzt die Möglichkeit, Beobachter zu sein. Beobachter des Kursablaufs, des Dozenten, der Teilnehmer und der Atmosphäre. Der Raum liegt in einem typischen, alten Ruhr-Industriegebiet in Hattingen. Überall stehen Staffeleien, Leinwände Kunstutensilien jeder Art.  Ob Acryl, Kohle, Bleistift oder Öl, von allem war etwas dabei! Die Atmosphäre im Raum war angenehm, die Teilnehmer lachten, unterhielten sich. Es gab aber auch Momente der Stille, während derer sich alle auf ihr Kunstwerk konzentrierten. Während fleißig gemalt und gezeichnet wurde, durfte ich beobachten, wie Claus Rabba den Kursteilnehmern half - egal, welches ihr Stil war, ob es um Proportionen oder Farbe ging, oder vielleicht um Technik - er wußte Rat und konnte helfen, jedem Teilnehmer auf sehr persönliche, individuelle Weise.

 

“Kunst verbindet die Menschen auf positive Weise”


Und was waren das für Teilnehmer. Eine bunt-gemischte Gruppe aus ganz Deutschland! Man hörte unterschiedlichste Dialekte. Hier ein bayerischer und dort ein berliner Dialekt, tief im Gespräch über Kunst miteinander verbunden. Der Großteil hatte sich nie vorher getroffen, das merkte man aber ganz und gar nicht.  Es entstand eher der Eindruck, als würden sich die Teilnehmer und Claus nicht erst seit 5 Tagen kennen, sondern schon viel länger. Die Stimmung im Raum war freundschaftlich-vertraut, Anekdoten wurden erzählt, Gespräche geführt.


“Mach dich nicht verrückt, am Ende wirst du bestimmt zufrieden sein. Es sieht toll aus,was du da machst.” sagte eine Teilnehmerin zur anderen, die noch nicht zufrieden war mit ihrem Werk und uns davon in einer Pause erzählte. Die Gesellschaft der anderen Kreativen wirkte positiv und ermutigend - man konnte förmlich spüren, wie viel die Teilnehmer in den letzten Tagen voneinander gelernt hatten.Während der Pause konnte ich auch selbst ein bisschen mehr über die Teilnehmer erfahren. Eine Dame aus Nürnberg erzählte, dass sie im Bereich der sozialen Arbeit tätig ist und schon sehr lange mit Ölfarben arbeite. Sie war nett, fragte mich, was ich denn eigentlich machen möchte nach meinem Praktikum. Als ich ihr davon erzählte, dass ich Journalistin werden wolle, riet sie mir, doch über Kunst und Kultur zu schreiben: “Das verbindet die Menschen auf positive Weise, nicht wie Politik zum Beispiel, die die Menschen eher spaltet. Wenn du was bewegen willst, dann ist Kunst der beste Weg.”